Dienstag, 13. Dezember 2011

Tag 95 – Lazarett-Tag

Da unser Hoselzimmer keine Fenster hat, wurden wir erst gegen 11Uhr wach und da gabs natürlich kein Frühstück mehr. Aber ich denk ja mit und fresse meine Croissants nie ganz auf. Hab mir noch ein Schokocroissant abufgehoben. Das gabs dann zum Frühstück. Danach legte ich mich gleich wieder hin. Ich hatte die Nacht nicht gut geschlafen und mein Ohr tat immer noch weh. Hinzu kam jetzt auch noch ne verschnupfte Nase. Also beschloss ich, heute einen Lazarett-Tag einzulegen.

Stefan war einverstanden, heute nix zu machen. Er musste sich ja auch mal langsam drum kümmern, wie er von hier wieder weg kommt. Ich legte mich also wieder schlafen. Ich schlief, glaub ich ziemlich lange. Als ich wieder aufwachte, hatte ich Hunger. Wir gingen also in eine Mall, ganz in der Nähe von unserm Hotel. Vor der Mall war ein Tannenbaum aufgebaut, der mit einer Pokemon-Lichterkette geschmückt war. Davor standen Fahrräder oder so etwas in der Art, damit die Kids Picatchu helfen können, den Weihnachtsbaum mit Bio-Strom zu versorgen. Die Freaks.

Wir fanden ein italienisches Restaurant, das ein Mittagessen-Angebot hatte. Für 6$ bekam ich einen kleinen Salat, Spagetti mit einer Art Tomatensose, Käse so viel ich wollte und all you can drink-Softdriks. Alles in allem ein guter Deal. Stefans Nudeln waren wohl nicht so der Brüller, er lies nämlich die Hälfte stehen. Weil ich keine Lust hatte noch irgend etwas anderes zu tun, gings gleich wieder zurück ins dunkle Zimmer. Ab ins Nest, einen dicken Schal um den Hals und die Eisfüße unauffällig unter Stefans Bettdecke versteckt. Jaaa, ich hab kalte Füße. Sowas gibt’s normal nur in Deutschland. Dort ist sowas ja Dauerzustand. Hier hatte ich noch nie das Gefühl einen Eisklotz unterhalb der Waden zu spüren. Aber Tatsache ist, ich hab kalte Füße...
Als ich irgendwann wieder von den Toten erwachte, war Mitchel gerade on und so telefonierten wir über ne Stunde. Das hat mal richtig gut getan. Hab mich so gefreut über das ganze dumme Gelaber. Gelaber zweier verrückten Hühner. Ach Gott wie ich mich freue wenn ich bald „Huuuubbbberrrr“ rufen kann und das kleine Michellchen in die Arme schließen kann. Es wird legendär!
Stefan hat das ganze Weibergeschwätz glaub ich halb amüsiert halb gelangweilt, denn er hatte schon 3 Rätsel gelöst und drängelte, etwas essbares suchen zu gehen. Es war ja auch schon Abendessenzeit. Dieses Mal liefen wir in die andere Richtung. Dort entdeckten wir auch gleich ne chinesische Fressmeile. Dort gabs alles. Also natürlich kein Schnitzel, Currywurst oder Bratkartoffeln aber dafür eben alles was ein chinesisches Herz begehrt. Zuerst hatte ich ja mal einen leichten Ekelanfall, weil es eben auch Fischköpfe zum essen gab. Aber dann machte ich mir nochmal bewusst, dass Chinesen ja auch Schnitzel ekelhaft finden. Dabei ist das ja lecker. Kurz gesagt, ich war endlich mal wieder in der Lage, etwas Neues zu probieren. Stefan freute sich über diese Idee und bestellte gleich am nächsten Stand etwas. Dort war ein chinesischer Nudelmacher gerade dabei aus einem Klumpen Teig, Nudeln zu rollen. Er rollte den Teig, schlug ihn dann so komisch über die Hände, als wollte er ihn wie ein Handtuch falten, wiederholte diesen Vorgang mehrere Male und klopfte die Fäden schließlich einmal hart auf den Tisch. Fertig waren die Nudeln. Geniale Technik. Bei uns gibt es Nudelpressen. Hier herrscht noch echte Handarbeit. Im Bistro im Hostel verspeisten wir dann ein chinesisches Pat Thai und chinesische Maultaschen. Beides ziemlich lecker. Aber ich war auch schnell satt, so dass noch fast das ganze Nudelgericht übrig blieb. Aber wir haben ja einen Kühlschrank und morgen will der Magen ja auch wieder gefüttert werden. In unserm Knast, ich nenne unser Zimmer so, da es ja keine Fenster hat und 5m hoch ist, schauten wir zuerst „Beim Leben meiner Schwester“ und dann „Madagaska“. Den ersten Film sahen wir nur, weil Stefan einfach nicht der Glückspilz ist, was Münzenwerfen angeht. Er willigte aber ein, da er ja kein schlechter Verlierer ist. Das muss man ihm zumindest lassen. Ich kenn den Film ja und weiß, dass ich mich mit Tempos bewaffnen muss und beim ersten Wort der leukämiekranken Kate meinen Wasserfall, der mir aus den Augen strömt zu stoppen. Und wenn dann auch noch die tragische Strandszene kommt, ist es eh vorbei. Ich glaube, Stefan war auch ganz schön gerührt. Er hat nämlich an den Fingern rumgeknabbert. Ich denke auf Männisch heißt das so viel wie: „Ich würd so gern losheulen, aber meine Geschlechtsorgan erinnert mich daran, dass ich eben keine Frau bin und nicht bei Cameron Diaz Filmen weinen möchte/sollte...“
Danach schauten wir, wie schon erwähnt „Madagaska“. Auch nicht gerade Stefans Lieblingsfilm, aber er meinte, dass es ganz amüsant sei, den Film mit mir zu schauen. Vermutlich weil ich King Juliens Part so gut wie auswendig kann und mich jedes Mal über Malmans verstrahlten Blick, der dem meines Hundes so verdammt ähnlich ist, wegschießen kann.
„Seide alle mal ganz kurz stille. Miche inklusive... Wer mache da so viel Lärm??? Ohh das binne iche gewesen?!“
Soooo geil. Der Typ ist einfach ein Tinaverschnitt. Ich frage mich nur, wann ein Filmemacher mich beobachtet hat, um an Hand meines realen Daseins King Julien zu erschaffen?

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