Mittwoch, 2. November 2011

Tag 52 - Kota Belud


Zum Frühstück machte uns Jinny einen chinesischen Tee, dazu gab es Cracker mit Käsedip. Auch mal ein nettes Frühstück. Dann gings mit dem Pickup zu Jules Wohnung wo wir Jules uns Suzanne abholten. Die beiden brauchten noch einige Minuten und ich staunte während dessen nicht schlecht über Jules Wohnung. Sehr groß und ziemlich luxeriös eingerichtet. Nicht mit Jinnys Wohnung zu vergleichen. Er hatte als Sofa so ein Bettgestell das ich von Thailand her kenne, das dort aber normalerweise als Massagebett benutzt wird. Sieht schon verdammt cool aus. Wir fuhren fast zwei Stunden, ich versuchte zu schlafen, was bei den holprigen Straßen aber nur schwer möglich war, bis wir in Kota Belud ankamen. Wir parkten das Auto bei einer Freundin von Jinny. Den Namen konnte ich mir leider nicht merken, aber sie war den ganzen Tag über unser Guide. Sie hatte schon sowas von ner Indianerin an sich. Ihre ganze Art eben. Deshlab nannte ich sie auch nur: die Indianerin. Wir liefen eine Weile bis wir zu dem Fest kamen, wegen dem wir ja nach Kota Belud gefahren sind.Auf dem Weg dahin kamen wir an einigen kleinen Hütten oder auch Häusern auf Stelzen vorbei die einfach nur mit Brettern zusammen genagelt waren. Meistens standen auch ein paar gerostete Autos vor dem Haus. Suzanne zeigte uns eine Pflanze, die man wohl „shy gras“ (schüchternes Gras) nennt. Wenn man sie Blätter berührt, faltet sich das Blatt zusammen. Sieht bisschen so aus wie eine fleischfressende Pflanze. Das Fest hier war sowas wie das Bauernfest der malaysischen Art. Auf einer Bühne wurden gerade traditionelle Tänze vorgeführt. Männer und Frauen in sehr aufwendigen Kostümen, die einen recht einfachen Tanz vorführten. Bisschen Gewackel mit den Händen und Hüften, das wars. Sah aber trotzdem ziemlich schick aus. Vor der Bühne erkannte man, wer hier in Kota Belud was zu sagen hatte oder eben genug Kleingeld besaß. In der vordersten Reihe saß man auf Sofas, dahinter auf einfachen Stühlen. Wir schlenderten etwas über den Festplatz, wo es jede Menge Essensstände gab und den üblichen Kram, wie Sonnenbrillen, FlipFlops, Kopftücher und der restliche Kitsch. Ich entdeckte unter einem Stand ein kleines Mädchen. Es schlief einfach unter dem Tisch, durch die Tischdecke von störenden Blicken geschützt. Andere Kinder saßen bei ihrer Familie auf den Tischen, mitten in dem Essen, das man eben kaufen konnte. Es ist immer wieder faszinierend, wie das Leben doch funktioniert. Ich hatte kein bisschen Mitleid mit dem schlafenden Mädchen oder den ganzen andern Kindern die hier rumrannten. Es ist viel mehr, dass ich oft denke, wieso funktioniert das „Leben“ hier und nicht in Deutschland? So ein Fest wie dieses würde in Deutschland erst gar nicht zugelassen werden. Nicht nur wegen den 3 Toiletten für 3.000 Menschen, sondern auch wegen den ganzen andern unbürokratischen Dingen, die hier Niemanden interessieren. Ich wette, kein einziger Stand muss irgendwelche Standgebühr zahlen, oder nachweisen, wie sauber und desinfiziert sein Verkaufsbereich ist. Die Menschen leben und feiern einfach ohne groß über BSE und so Kram nachzudenken. Naja, woran ich mich aber wirklich noch gewöhnen muss, ist der Fischgeruch, den es auf jedem Markt und auch hier auf dem Fest ständig in der Luft liegt. Aber ich denke, das ist Geschmackssache. In Italien würde ich mich wahrschienlich über den immer gegenwärtigen Pizzaduft freuen. Fischfans sollten dagegen mal einen Lokal Market in Malaysia besuchen. Mir wurde mal wieder schlecht von dem vielen getrockneten und frischen Fisch und ich wollte gleich weiter zu den Früchten oder was es auch immer so als nächstes zu sehen gab. Jules kam irgendwann mit malaysischem süßem Irgendwas an. Sah aus wie ein frittierter, flacher Muffin. Dieses Reismehlteil war echt lecker und später kaufte ich mich nochmal 4 Stück für 1MR. Danach wars mir schlecht vom vielen süßen Fett und von dem Burger Goreng den ich zuvor verspeist hatte. Kein normaler Burger, sondern eher eine Art deftige Dampfnudel mit einer leicht scharfen Füllung. Lecker. Wir kamen irgendwann wieder an der Bühne vorbei wo gerade die Siegerehrung stattfand. Jeder wollte natürlich ein Foto von den Gewinnern. Und zwei Chinesen wollten ein Foto von uns Touris :) Kurz drauf konnte jeder auf die Bühne und mittanzen, was Jules und Stefan auch gleich taten. Es sah so lustig aus. Die beiden verrückten, dachte ich mir nur. Aber sie waren die Attraktion schlechthin. Ich wurde deshalb auch während des Tanzes von einigen Einheimischen angesprochen, die wissen wollten ob ich auch zu diesen Freaks gehöre und ob ich nicht auch mittanzen wollte. Da der Alkohol hier aber viel zu teuer ist, beschloss ich, nicht zu tanzen und lieber die Rolle der Kamerafrau zu übernehmen. Irgendwann gesellte sich eine Frau zu uns, die uns anbot, am nächsten Tag mit ihr eine Farm zu besichtigen. Naja... eh jetzt nicht so meins. Ich komme ja schließlich vom Land und weiß wie's im Kuhstall riecht. Außerdem hatten wir die Frau bei Couchsurfing schon entdeckt und ihr bewusst nicht geschrieben, weil sie wohl immer eine Woche vorher wissen muss wann den jemand bei ihr couchsurfen möchte. Daher war ich sehr verwundert, dass sie etwas eingeschnappt reagierte, als wir ihr sagten, dass wir eigentlich zu den Orang Utans wollten und zuerst mal rausfinden müssen, wie die nächsten Tage von statten gehen sollten. Unsere Indianerin führte uns zu einem Essensbereich, so ähnlich wie beim Lokal Market. Man sucht sich wieder was zu Essen aus und lässt sich das dann kochen. Nur eben hier in ner Nummer kleiner. Ich bestellte nichts. Malaysisch eben … Dafür wurde mir bewusst, dass der Name Indianerin wirklich passend ist. Sie drehte sich eine Zigarette aus Tabak und sowas wie Öko-Bambus-Paper. Die Zigarette sah schon ziemlich cool und verlockend aus. Da ich ja alles mal probieren muss, zog ich auch zwei mal an dem Gerät. Es war so stark, dass ich den abartigen Geschmack noch ne ganze Weile im Mund hatte. Nichtraucher eben … Stefan rauchte dann die angefangene Zigarette für mich zu ende. Schon legendär sowas. Da ich das nächste Paket aber erst in ein paar Monaten verschicken werde, bekommst du, Lagga, leider keine malaysische Kippe. Sorry. Wir schlenderten weiter, Jinny traf eine alte Freundin, die wohl in wenigen Tagen ihr erstes Kind erwartet und ich dachte nur dran: „Wie ufem Altstadtfest... Da trifft sich auch die ganze Prominenz, die man Jahre lang nicht sieht.“ Es war noch recht früh und das Büffelrennen, das ja das Fest so berühmt machte, würde erst um 14Uhr stattfinden. Also lud uns die Indianerin zu sich nach Hause ein. Ein recht großes Bretterhaus, wo wir frische, leckere Mangos, Saft und später Reis, Gemüse und Thunfisch zum Essen bekamen. Kurz bevor ich auf dem gemütlichen Sofa einnickte, schlich sich eine rote Katze vorbei und sprang in eine Kiste. Ich wunderte mich und war paar Sekunden später so freudig überrascht über die kleinen Katzenbabys, die kaum älter als ein paar Tage sein konnten. Die Mutter nahm ein Junges und versteckte es irgendwo im Haus. Wir warteten bis sie wieder zurück kam um das Zweite zu holen und konnten leider nur ein paar Fotos von der Katzenmutter mit Jungem im Maul schießen. Dann schlief ich ein. Mitten in einem fremden Haus auf einem fremden Sofa. Als ich wieder wach wurde, machten wir uns auch gleich auf den Weg zum Büffelrennen. Die Indianerin führte uns durch einen engen Pfad zwischen Gärten hindurch zum Fußballplatz, wo sich schon die ganze Stadt versammelt hatte. Wir suchten uns einen Platz auf der Wiese, von dem aus wir alles beobachten konnten. Für die Kids neben uns, waren wir wohl eher die Attraktion wie die Büffel. Sie fragten mich wie ich heiße und waren sehr stolz ein paar Worte Englisch mit mir zu sprechen. Im Allgemeinen bin ich schon fast davon überzeugt, dass die Schulkinder hier wesentlich besser Englisch sprechen als alle anderen Menschen. Wirklich verwundert bin ich darüber aber nicht. Schließlich spricht Opa Kurt ja auch kein Englisch. Die Kinder waren wirklich süß und posten auch gleich für mich als ich ein Bild von ihnen wollte. Hinterher haben sie sich selbst ausgelacht, als ich ihnen das Bild zeigte. Ich find es aber genial. Kinderbilder eben. Das Büffelrennen war nicht sonderlich spektakulär, da wir nur noch die letzte Runde mitbekamen. Da saßen eben Kerle auf Büffeln, natürlich ohne Sattel und machten ein Wettrennen. Wer erste war, hat gewonnen. So einfach ;) Mich hat das anschließende Pferdespiel eher fasziniert. Die Reiter nehmen Anlauf und versuchen mit einem selbstgeschnitzten Speer einen Stamm zu treffen. Nur wenige schafften das. Anschließend bildeten die Reiter 2 Mannschaften und spielten Tauziehen. Hört sich alles nicht so cool an, aber auch hier hat keiner einen Sattel benutzt. Wer mal auf nem Pferd gesessen hat, kann sich vielleicht vorstellen, wie schwer es ist, ohne Sattel Tauziehen zu machen. Also ich hatte echt Respekt vor den Indianern. Aber da Kurti ja immer sagt, dass sowas ganz einfach wäre, einfach oben sitzen bleiben eben, hab ich mich anschließend auch auf so ein geschmücktes Pferdchen geschwungen. Der Gaul war Geschmückt wie ein Ritterpferd. Ich ritt aber nicht mit ihm rum, da es eh schon für mich unerträglich heiß war und das Pferdchen unter der Haube wohl gewaltig schwitzen musste. Ich Tierfreund... Danach wollten wir zum Haus der Indianerin zurück um mit dem Wagen bisschen in der Gegend rumzudüsen. Es fing aber plötzlich an zu regnen. Ganz fette, dicke Tropfen. Der Regen würde aber nur paar Minuten dauern, also setzten wir uns irgendwo an eine Ecke und warteten. Die Indianerin sprach mit ein paar kleinen Jungs, die alle so im Alter von 11-15 Jahren waren und bot ihnen ganz selbstverständlich ihre Baumbuszigaretten an. Die Jungs nahmen dankend an und dann muss ich ihnen wohl aufgefallen sein. Jinny meinte, die Jungs hier sehen wohl sehr selten hellhäutige, weibliche Wesen ohne Kopftuch. Nun fiel mir wieder ein warum ich mir meine Haare hab abschneiden lassen... Wenn ich mir vorstelle, wie viel Aufmerksamkeit ich mit langen, blonden Haaren auf mich gezogen hätte...
Mitten durch den prasselnden Regen lief eine Frau, die sich ein gefalteter Karton als Regenschirm über den Kopf hielt. Leider war meine Kamera ja immer noch „defekt“, so dass ich kein Bild von vorne von ihr machen konnte. Aber Stefan hat sie von hinten erwischt. Wäre ein echt cooles Menschenbild geworden... Im Auto musste einer in den Kofferraum, bzw hinten auf die Pickup-Ablage. Ich erklärte mich gleich freiwillig bereit dafür. Sowas ist schließlich legendär. Jules gesellte sich noch zu mir und an gings. Wir hielten uns irgendwo am Auto fest und standen direkt hinter der Heckscheibe. So gings dann durch die Pampa, am höchsten Berg Borneos oder so vorbei bis wir an einen Fluss kamen. Ein Zeh in den Fluss, zur Kontrolle wie kalt er wohl war und ich bemerkte, dass das Gewässer pisswarm war. Entweder werden hier alle Fäkalien reingeleitet, was ich aber nicht glaube, weil das Wasser doch ziemlich klar war, oder der Fluss ist einfach nur durch die Sonne aufgewärmt. Ich hüpfte also im Wasser rum, soweit ich eben konnte, ohne mich komplett einzusauen. Hatte ja keinen Bikini dabei. Ein paar Meter weiter badete eine malaysische Familie und auf der anderen Seite wurde ein Auto gewaschen. Malaysischer Car-Wash-Park eben. Das Auto stand wirklich halb im Fluss drinnen. Auf dem Rückweg stand eine Kuhherde mitten auf der Straße. Fand ich jetzt nicht sonderlich außergewöhnlich. Ich weiß ja wie Kühe aussehn und in andern Ländern laufen die eben frei rum. In Böckweiler rennen ja auch die Hühner mal über die Straße. Das lustige war nur, als die Herde das Auto sah, machte sie sich langsam auf den Weg, die Straße zu verlassen. Nur das kleine Kälbchen blieb auf der Straße stehen und machte auch keine Anstalten sich zu bewegen. Irgendwann folgte es dann doch seiner Mutter, nachdem wir durch Rufen und Hupen es zu verscheuchen versucht hatten. Wieder bei der Indianerin konnte Stefan es nicht lassen, sich zu seinesgleichen zu gesellen. Er versuchte Freundschaft mit den Hühnern zu schließen, die aber kein Interesse zeigten ;) Suzanne blieb bei der Indianerin und wir machten uns auf den Heimweg. Ich war wirklich erschöpft von den ganzen Eindrücken und schlief, mal wieder und trotz schlechten Straßen, im Auto ein. An solchen schönen Tagen, wünsche ich mir oft mein Bryophyllum herbei um das ganze besser verarbeiten zu können. Oder wenn ich wenigstens rauchen würde... aber zu viel Input wie heute kann ich dann doch nur durch jede Menge Schlaf verkraften. Ich konnte aber aber noch nicht sofort auf die Couch fallen lassen, da sich Jinny noch mit Freunden in der Stadt treffen würde und uns dann erst um 24Uhr abholen könnte. Sie setzte uns also in einem Restaurant ab, das free Wifi hatte und wo an jedem Tisch ein Computer zur Gratisnutzung bereitstand. Nicht nur das gratis Internet gefiel mir hier, auch die gute Musik, und noch mehr, das Sirlions Steak für 4€. Ich beschloss mir also was zu gönnen. Nicht zu fassen wie glücklich doch so ein Stück Fleisch mit leckerer Rahmsosse machen kann. Ich weiß nun, ich kann niemals vegetarisch leben und werde niemals Vegetarierin sein! Das einzigste was mich etwas neidisch machte, war Nicoles Posting bei Facebook, von wegen sie würden gerade Raclette essen und danach die Alt schwade... (Alt schwade = MEINE Shisha rauchen). Die zwei Computer, mein kleines Laptop und der Gratispc, ließen Stefan und mich völlig verblöden. Wir redeten fast eine ganze Stunde nix. Jeder war in seiner Computerwelt gefangen. Sucht lass nach, dachte ich und beschloss mich dann wenigstens über Facebook mit Stefan zu unterhalten. Diese sehr amüsante Unterhaltung werde ich am Ende dieses Blogeintrags veröffentlichen. Damit ihr was zum lachen habt. Es war nämlich ungefähr so: wir saßen uns echt gegenüber und redeten nur per Chat. Wie krank ist das denn bitte?! Die Leute dachten wahrscheinlich wir wären stumm oder so. Aber auch das war mal ne lustige Erfahrung, die man mal machen sollte. Also, wenn ich wieder daheim bin, schnapp ich mir meinen heißgeliebten Apfel, geb Nicole meinen Minilaptop und wir werden zum Patric ein Steak essen gehen und nix sagen. Völlig wahnsinnige Vorstellung, oder? Aber so verlief dann der Rest des Abends. Leider konnten wir keinen Film runterladen. Dafür aber meine Lieblingsfolge von Grey's. Die Musicalfolge... Die hab ich daheim schon 5 mal gesehn und musste fast jedes mal mitheulen. So emotional ist die Folge. Denn da singen die Seelen. Jaaaa, für alle Nicht-Grey's-Fans (was ich nicht verstehen kann, wie man nicht Grey's gucken kann) ich hör ja schon auf zu labern. Jedenfalls werd ich mir jetzt jedes Mal, wenn ich Langeweile hab und keine Internetverbindung verfügbar ist, diese Musicalfolge reinziehen. Zwar auf Englisch, aber ich weiß ja eh, was geredet wird...


Hier der Link zum verrückten PC-Gespräch:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen