Mittwoch, 18. Januar 2012

endlich wieder ein Dach über dem Kopf

Nach der Zwangsübernachtung im Hostel gingen wir am Tag drauf mal wieder auf Jobsuche. Ich frag mich echt, welcher Mensch das Gerücht in die Welt gesetzt hat, es wäre so einfach eine Arbeit in Australien zu finden. Ohne Sandalen, nur mit schmerzenden Flipflop-Füßen (wieso hab ich eigentlich keine Sandalen angehabt?) latschten wir also mal wieder den ganzen Tag durch die Stadt und klapperten diverse Arbeitsargenturen und schwarze Hostelbretter ab. Irgendwann bekam ich dann einen Anruf, von Hilary unserer neuen Couchsurferin, wir könnten ruhig kommen und bei ihr übernachten. Genial. Wie ich mich erst mal weg gefreut habe. Michelle und Stefan waren auch sichtlich amüsiert darüber. Aber nun hieß es wohl zuerst Geld auftreiben um die Reperaturen am Vandy zu bezahlen. Wieso heißt eigentlich eine Kreditkarte Kreditkarte und nicht nur Geldabhebkarte, wenn man nicht mal kurzfristig das 0-Limit überziehen kann? Oder haben die australischen Geldautomaten mich einfach nicht lieb? Zum Glück sind wir zu dritt unterwegs und so kratzte jeder seine Groschen zusammen um die neue Frontscheibe, neue Reifen, neue Scheibenwischer usw zu bezahlen. Der Reperaturtyp hat wohl auch bemerkt, dass Vandy ein Frauenauto ist und uns ne gratis Servolenkung eingebaut. Oder es liegt einfach daran, dass irgend so ne Flüssigkeit oder die kaputte Achse gewechselt wurde. Ich hab davon ja am wenigsten Ahnung, ok, vielleicht Michelle auch. Jedenfalls meinte Stefan, Vandy wäre jetzt noch eine heißere Schnerrbixx als ohnehin schon.
Mit halbneuem Auto gings dann, vorbei an einem Ikea, nach Oakleigh. Wir suchten nach der Dublinstreet und endlich hatte unser Navi names Stefan die Orientierung wieder und da standen wir auch schon vor dem Couchsurferhaus. Der erste Gedanke der mir durch den Kopf schoss war: sind alle Couchsurfer in Melbourne Ökos? Wahrscheinlich nur die Coolen. Hilary hieß uns willkommen und stellte uns Sandra und Forian vor. Zwei weitere deutsche Couchsurfer, deren Auto auch im sterben lag/liegt. Da das Wohnzimmer schon belegt war, wollte Hilary uns die Garage herichten. Aber ich befürchtete schon schlimmes. Die Wohnung war schon ein einziges Chaos, total unordentlich und uralt. Die Garage war nicht weniger vollgemüllt und wir bevorzugten daher erstmal weiter im Vandy zu schlafen. Die beiden andern Hausbewohner, Carmel und Monique, erwiesen sich als genauso durchgeknallt wie Hilary. Bis zum späten Abend tranken wir Wein und laberten über irgendwelche unnötige aber lustige Themen. Da fühlte ich mich doch gleich wohl. Zwar waren alle mal wieder Vegetarier aber viel gechillter und cooler als Theresa, unsere letzte Hosterin. Hier ist es nämlich jedem so ziemlich egal, ob wir Salami und Schinken im Kühlschrank lagern. Es werden höchstens ein paar Späßchen drüber gemacht. Bei Theresa hatte ich das Gefühl, sie würde mich auch in eine Salami verarbeiten, wenn sie Fleisch in ihrem Kühlschrank finden würde.
Die nächsten Tage verliefen nicht wirklich späktakulär. Wir hatten zwar einen Job in der Tasche, Monique hatte uns ihrem Chef vorgestellt, einer Kinderverkaufsorganisation. Man labert da Leute auf der Straße an und versucht sie dazu zu überreden einen Zettel zu unterscheiben und jeden Monat 43$ an ein Kind in Afrika oder sonstwo zu spenden. Wenn man dann die Unterschrift aufem Papier hat, bekommt man 100$ von der Organisation. Eigenlich hört sich das ja nicht übel an. Aber nach einem halben Probetag wusste ich, wir sollten uns nach anderen Verdienstmöglichkeiten umsehn. Der Job ist eigentlich noch nicht mal körperlich anstengend, wie Kellnern im Coyote, oder langweilig wie Kolben einmessen bei Bosch. Es ist einfach nur der Gedanke, der mich verrückt machen würde, dass ich nur Geld bekomme, wenn ich auch ein "Produkt" verkaufe. Verkauf ich nichts, hab ich auch keine Kohle in der Tasche. Ne, ne. Das ist mir zu unsicher...
Da Michelle und ich ohne Stefan in einem Verkaufsteam waren mussten wir alleine den Rückweg finden. Was uns auch ziemlich gut gelungen war. Wir kamen gerade an, da hatte Stefan schon das Auto aufgebrochen und die Batterie neu geladen. Ich denke, der große Altersunterschied zwischen Stefan und Vandy macht Stefan enorm zu schaffen. Es ist nun schon das zweite mal passiert, dass er das Licht anlies und zu allem Überfluss auch noch die Schlüssel im Auto vergas. Aber wir reisen ja mit nem Profieinbrecher. Daher konnte ich sofort mit Stefan zu Vicroads fahren. Michelle blieb daheim um zu suchten und da es sicherer ist, in die Stadt nur zu zweit zu fahren. Wir haben ja immer noch nur zwei Sitze... Bei Vicroads mussten wir den Werkstattzettel abgeben, bekamen einen Stempel und das wars dann auch schon. Aber wo oder was ist denn nun der Fahrzeugschein oder Brief oder was auch immer. Ich rall das System hier immer noch nicht. Naja egal. Uns hat niemand etwas anderes gesagt, wir haben alles erledigt was zu erledigen war, jetzt heißt es abwarten, ob überhaupt Post mit nem Fahrzeugbrief für mich kommt.
Das nächste spannende Ereignis war das Minigolftunier mit Florian und Sandra. Aber kein gewöhnliches Minigolf, sondern bei Neonlicht im Dunkeln. Gibt es bei uns am Flugplatz in Zweibrücken zwar auch, aber wohl kaum mit Bahnen im Outbackstyle. War ganz nett gemacht. Ich lag auch einige Zeit ganz gut im Rennen, bis mir dann eine einzige Bahn zum Verhängniss wurde. Naja, zumindest bin ich auf Platz Eins von hinten gelandet.
Letzten Sonntag mussten wir früh raus. Wir wollten mit Carmel, Sandra und Florian zu so nem Farmmarket. Auf der Farm liefen ganz viele Kinder rum, die noch nie zuvor eine Kuh oder ein Schwein gesehen hatten. Und die nicht wussten was eine Brennnessel ist. Denn am Eingang zur Fram wurde ausdrücklich auf die gefährlichen Pflanzen hingewiesen und was zu tun sei, wenn man sie versehentlich berührt.

Schon krass, die Stadtmenschen. Aber die Farm war ganz cool. Es gab Hühner mit Puschelfedern,

kleine Schweinchen,

dicke Ziegen mit Schlappohren

und eine Kuhe, die die Kinder melken konnten. Hätt ich ja auch gern mal gemacht, aber ich wollt mich nicht vor die Kids drängeln ;)

Nach der ganzen Tierbeschauung schlenderten wir über den Markt, wo es lauter ökologische selfmade Sachen gab. Ich war voll in meinem Element. Nur zu doof eben, dass die ganzen Öko-Bauernhof-Lebensmittel so teuer sind, dass man für ein Päckchen Erdbeeren einen halben Wocheneinkauf bei Coles tätigen kann. Also kauft ich mir weder Erdbeeren noch Kirschen. Dafür probierte ich aber an allen möglichen Ständen Marmelade, Ziegenkäse oder Rosinen. Mein Bäuchlein war davon aber noch nicht annähernd gefüllt. Es musste also etwas richtiges zum Essen her. Carmel führte uns dann zu einem Restaurant, das von Freiwilligen geführt wird und ein Non-Profit-Projekt ist. Das ganze System funktioniert so: man nimmt sich so viel man essen kann von dem super leckeren vegetarischen Buffet und schmeißt dann so viel Geld wie einem das Essen Wert war in eine Box. Ich blicke zwar nicht, wie sich dieses Restaurant über Wasser halten kann, aber scheinbar funktioniert es ganz gut, denn der Raum aus zusammengewürfelten Stühlen und Tischen aus Werkbänken war doch recht voll.

Während eines gemütlichen Verdauungsspaziergangs entdeckten wir einen Spielplatz und die Kinder stürmten gleich los und beschlagnahmten die Schaukel. Meine Wenigkeit vergnügte sich aber mit einer Art Seinbahn. Es ist keine echte Seilbahn. Zwei Podeste sind mit einer Stange verbunden, an der ein Grif hängt, an dem sich starke Kids wie ich sich vo der einen Seite zur andern schwingen.

Aber ich merke eindeutig, dass ich alt werde. Früher, als noch eine 1 vor meinem Alter stand oder noch eine 0, hätte ich den ganzen Tag an der Seilbahn verbracht. Nach 4 oder 5 mal hin und her schwingen war ich aber so außer Puste und am schwitzen, dass ich erst einmal ein Päuschen brauchte. Ich beobachtete eine Horde Hunde, die fangen spielten und musste an meinen verrückten schwarzen Balou denken. Mir fehlt mein Hundi doch schon. Sollte man sich wundern, dass eines der ersten Worte meines kleinen Bruders "Habou" war? Nein! Denn: "Dass mir der Hund das Liebste sei,
sagst Du, oh Mensch sei Sünde. Ein Hund bleibt Dir im Sturme treu, ein Mensch nicht mal im Winde."

Am nächsten Tag machten Sandra und Flo ein leckeres Abschiedsfrühstück. Pfannkuchen mit Erdbeeren. Wir redeten noch kurz und dann fuhren die beiden auch scho los. Wir legten an diesem und dem darauffolgenden Tag erst mal ein Nixmachertag ein. Naja eigentlich suchten wir wieder mal nach Jobs. Aber wie schon erwähnt, die ganzen Gerüchte um die Arbeitswelt in Australien sind eben nur Gerüchte.
Um dennoch was von dem "wunderschönen" Australien zu sehn, startenen wir einen Tagesausflug nach Portsea. Das Wetter war auch endlich mal so, wie man sich den australischen Sommer vorstellt. Ein wolkenfreier Himmel und heiße Sonnenstrahlen die die, wahrscheinlich ohnehin schon hautkrebskranke Haut streicheln.Wir legten einen kurzen Stop an einem Strand voller australischer Familien ein, liesen uns kurz den Bauch bräunen und fuhren dann weiter bis nach Portsea. Eine kleine Stadt in der die reichen Melbourner wohl ihre Wochendhäuschen haben. Wir battleten uns, ob nun Michelles Putzfrau oder Stefans Harem das größere und schönere Haus besitzt. Auf dem Parkplatz waren zum Glück nicht viele Autos was darauf hindeutete, dass der Strand zu dem wir wollten auch leer sein sollte. Eigentlich wollten Michelle und ich noch kurz aufs Klo, aber daraus wurde nix. Ich bin ja schon viel gewohnt, von wegen thailändische Stehklos und so, und eigentlich wollte ich ja jedes außergewöhnliche Klo dieser Welt testen, aber ein Plumsklo, ein echtes Plumpsklo mit dem original Plumpsklogerucht war dann doch zu viel und ich beschloss lieber meine Blase etwas zu dehnen.
Der Strand war wirklich wunderschön. Dünen und Sandsteinfelsen.

Und Wellen die sich so formten, als würde gerade Ursula die Meerhexe aus ihnen emporsteigen. Und mittendrin ein Felsen, der ein Loch in der Mitte hat. Also kein kleiner Stein, sondern ein riesiger Felsbrocken durch den man durchlaufen kann, wenn die Wellen nicht gerade Wasser hindurch scheuchen.


Ein genialer Platz, an dem ich am liebsten gecampt hätte. Wir blieben noch eine ganze Weile und genossen die Einsamkeit und die wunderschöne Natur. Vielleicht ist es Australien doch nicht so verkehrt... Jedenfalls für einige Momente, vergaß ich wiedermal Zeit und Raum und war nur glücklich darüber an einem solchen Ort zu sein.







 (Man glaubt es kaum, aber unter diesem Gewirr von Algen und Seegras hat sich ein Kind versteckt. Wenn ich mich nicht ein wenig vor dem grünen Glibberzeug ekeln würde, hätt  ich mich auch als Seeungeheuer verkleidet und hätte Touris erschreckt :) )


Ach ja, auf dem Rückweg beschloss ich, meine Beziehung zu Vandy mal zu pflegen... Ich schaffte es, trotz meiner rechts-links-Schwäche, dass wir alle gesund und mehr oder weniger munter wieder daheim ankamen :)






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